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Friday, 24 May, 2002

Forscherteam der Münchner Universität entwickelt neuartigen Analysechip für Grundlagenforschung und Pharmaindustrie

Klassisches Meßverfahren für Membranströme auf den Chip übertragen

Eine der wichtigsten Aufgaben der Zellmembran ist es, den elektrischen Stromflusses in und aus der Zelle zu regeln. Dazu verfügt sie über winzige Poren, die sich auf bestimmte Reize hin öffnen und die Membran für geladene Teilchen (Ionen) durchlässig machen. Solche Ionenkanäle sind faszinierende Gebilde - für den Grundlagenforscher als kleinste erregbare Strukturen in der Biologie und für den Arzt und Pharmazeuten als Angriffspunkt einer großen Zahl wichtiger Medikamente gegen z.B. epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck und Diabetes.
Einem interdisziplinären Forscherteam aus dem Center for Nanoscience (CeNS) der LMU ist es jetzt erstmals gelungen, solche Membranströme direkt mit Hilfe eines Biochips zu messen (N. Fertig et al., Biophysical Journal Bd. 82, S. 3056-3062, 2002). Dabei wurde das auf feinen Glasröhrchen basierende, klassische Verfahren des sogenannten patch clamping, das die beiden Deutschen Erwin Neher und Bert Sakmann in den 70er Jahren entwickelten (Nobelpreis 1991) mit Hilfe modernster physikalischer Mikrostrukturierungstechniken auf die Oberfläche eines flachen Glasplättchens übertragen. Der große Vorteil der neuen Methode: in einen Chip lassen sich viele Meßvorrichtungen integrieren, sodass viele Zellen gleichzeitig untersucht werden können. Wie Professor Fred Sigworth und Kathryn Klemic von der Universität Yale in einem Begleitartikel kommentieren (Biophysical Journal Bd. 82, S. 2831-2832), stellt die Arbeit des Münchner Teams "einen wichtigen Schritt im Wettlauf um ein Hochdurchsatz-patch-clamp-System für die pharmazeutische Industrie dar". Ein solches System, an dem das München Start-up Unternehmen Nanion Technologies GmbH jetzt mit Hochdruck arbeitet, wird es erlauben, neue Substanzen sehr viel schneller und wirtschaftlicher als bisher auf ihre Wirkung an Ionenkanälen zu testen.
Zudem, so glauben die Leiter des durch die DFG geförderten Projekts, der Physiologe Jan Behrends und der Physiker Robert Blick, wird das neuartige Verfahren auch der Grundlagenforschung neue Impulse geben. Die flache Geometrie sowie die guten optischen Eigenschaften des Glaschips machen es z.B. möglich, eine Vielzahl weiterer Meßverfahren, wie hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie mit der Strommessung zu kombinieren und so neue Erkenntnisse über das Öffnen und Schließen der Ionenkanäle zu erlangen. Dieser Ansicht sind auch Sigworth und Klemic: "Wir erwarten, daß die Vorteile der neuen Technologie auch zu den Biophysikern durchsickern", so die Yale-Forscher.

Ansprechpartner:
PD Dr. med. Jan C. Behrends
Physiologisches Institut der LMU
Pettenkoferstr. 12
80799 München
Tel.: 089 5996 248
Fax: 089 5996 250
 j.behrends@lrz.uni-muenchen.de